Explodierende Wohnkosten bedrohen Existenzen

Presseinformation vom 27. März 2013

Wohnen entwickelt sich vom Grundrecht zum Luxusgut

Wohnbaulandesrat Johann Seitinger
Wohnbaulandesrat Johann Seitinger© steiermark.at/Jammernegg

Johann Seitinger, steirischer Wohnbaulandesrat, analysiert die problematische Entwicklung des Wohnungsmarktes. Seitinger unterstützt das von der Bundes-ÖVP vorbereitete Positionspapier, das dieses Problemfeld in wahrlich letzter Minute ins Positive verändern soll. Mit dem vorliegenden Positionspapier wird ein wichtiger Schritt zur Sicherung von leistbarem Wohnen und gleichzeitig ein Meilenstein im Bereich der Familienpolitik gesetzt.


„Der Wohnbau braucht dringend frisches Geld, damit aus Worten Taten werden", so Seitinger. Der konkrete Vorschlag, ca. 10 Prozent des Kapitalvolumens der Pensions- und Vorsorgekassen in der Höhe von 21 Milliarden € verstärkt in den heimischen Wohnbau zu investieren, macht jedenfalls Sinn. Für die Steiermark hieße dies bei einer Quote von 14,4% auf Grund des Finanzausgleichsschlüssels frisches Geld in Höhe von ca. 300 Millionen Euro.


Bei dieser Gelegenheit ist auch im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen der Wohnbau langfristig abzusichern.
Zur Förderungen bei der Schaffung von besonders ökologisch ausgerichteten Eigen-tumsobjekten gibt es aus der Steiermark ebenfalls ein klares Bekenntnis.

Sehr begrüßt werden auch die geforderten steuerlichen Anreize für Investitionen in den Wohnbau sowie die Weiterführung der Sonderförderung für die Sanierung von alten Wohnbauten.

Schwerpunkte der künftigen steirischen Wohnbaupolitik
Begleitend zum Bundeswohnbauprogramm sind auch in der Steiermark die notwendigen Schritte bzw. Voraussetzungen für ein zukunftsfähiges Wohnbauprogramm zu schaffen:


1. Absicherung von leistbaren Mieten durch intelligente Fördermodelle und die Abkoppelung vom Finanzmarktrisiko. Das heißt eine Wiedereinführung der Förderungen mittels Landesdarlehen und ein neues vereinfachtes Wohnbauprogramm für die Schaffung von Eigenheimen.


2. Senkung der in den letzten Jahren enorm gestiegenen Baukosten durch Entschlackung der Gesetze, Verordnungen und Förderrichtlinien. Als Beispiele seien erwähnt: OIB Richtlinien (Österreichisches Institut für Bautechnik) (Brandschutz, Barrierefreiheit usw.), Richtlinien der Wohnbauförderung, Vorgaben der Raumordnungsgremien (Widmungskategorie, Dichteausnutzung), tech-nische Bauvorschriften u.v.m.. Neben den Baukostensteigerungen durch die umfassenden Rechts- und Fördervorgaben ist auch der Baukostenindex vom Jahr 1992 bis zum Jahr 2012 um 78 Prozent gestiegen. „Der soziale Wohnbau darf sich nicht an einer Luxuskarosse orientieren, sondern an einem gut ausgestatteten Volkswagen", so Seitinger.


3. Vor allem im städtischen Raum muss es zu einer Nachverdichtung der Bauflächen kommen, das heißt, die Wohnbauten müssen in die Höhe anstatt in die Breite gehen. Seitinger verweist auf die gigantische Bodenversiegelung, die österreichweit derzeit bei 20 Hektar pro Tag liegt.


4. Der bedarfsgerechte Einsatz von Fördermitteln. Der steiermarkweite Bevölkerungsstand stieg in den letzten zehn Jahren zwar nur von 1.188.000 auf 1.213.000 Einwohner, das ist eine Zunahme um 25.000, also 2,1 Prozent, dennoch ist durch den Anstieg der Single-Haushalte, die Folgen der demographischen Entwicklung und eine starke Wanderungsbewegung vom Land in die Stadt die Wohnungsnachfrage enorm gestiegen. Bis zum Jahr 2030 benötigt alleine die Stadt Graz bzw. Graz Umgebung neue Wohnungen für 60.000 Menschen.

5. Im sozialen Wohnbau braucht es auf Grund der gesellschaftlichen Entwicklungen, der Demografie und der Migration vor allem auch Sonderprogramme für die Jugend und ältere bzw. bedürftige Menschen in Form von Startwohnungen und Betreutem Wohnen sowie spezielle Wohnformen wie zum Beispiel zum Arbeiten & Wohnen in Einem. In der Steiermark gibt es 30.000 Ein-Personen-Unternehmungen.


6. Die Immobilienpreise im urbanen Raum sind bereits jetzt unerschwinglich. Für eine freifinanzierte Wohnung im Raum Graz schwankt der Quadratmeterpreis bereits zwischen 4.000,- € und 8.000,- €. Die Grundstückspreise in Graz belaufen sich je nach Lage und Dichte auf bis zu 700 € pro m2. Nur ein größeres Angebot im sozialen Wohnbau senkt nachhaltig den exorbitanten Anstieg der Wohnkosten. Jede andere Form verteuert das Wohnen zunehmend.


7. Auf Grund der in den letzten Jahren enorm gestiegenen Grundstückspreise muss ein Umdenken stattfinden und für den sozialen Wohnbau leistbarer Grund und Boden zur Verfügung stehen. Es benötigt dringend einen Eingriff in die Grundstücksspekulationen durch klare Widmungsdefinitionen zum Zwecke des geförderten Wohnbaues, um die Grundbasis für leistbares Wohnen zu schaffen. Die Raumplanung, insbesondere das Mitgestalten der gesamten Le-bensinfrastruktur und einer umweltfreundliche Mobilität, ist daher für die Zielerreichung von leistbarem Wohnen unverzichtbar.


„Wohnen ist also nicht nur ein Grundbedürfnis, sondern ein Grundrecht der Menschen. Die Aufgabe der Politik liegt darin, das Wohnen für alle Generationen leistbar zu gestalten, und das auf einem hohen gesellschaftlichen und ökologischen Niveau", so Seitinger abschließend.